Endlich, Donnerstag 17. Jänner, der Tag unseres Abschieds aus Ushuaia. Ein hektischer Morgen, alles will verstaut werden, die Raeder ein letztes Mal gecheckt, bevor wir die 0 km Linie überfahren. Der Stolz und die Freude sind groß, nicht zuletzt weil die Befürchtung, ich könnte mit meinen gefühlten 100 Kilogramm Gepäck einfach umfallen, sich doch nicht bewahrheitet... Ein letztes Foto am "Fin del Mundo" bevor wir der Kompassnadel Richtung Nordosten stadtauswärts folgen. Nach 10 km STOP - unsere erste Passkontrolle - wo’s denn hingehn soll...in die Karibik antworten wir stolz mit schwelender Brust... Die Umgebung jenseits Ushuaias, die uns bisher verborgen blieb, ist wunderbar - eine malerische Bergwelt mit Gletschern am Horizont, davor eine von Flüssen durchzogene weite Landschaft. Die Herausforderung des ersten Tages ist ein mäßig hoher Pass, den wir mit langsamer Beharrlichkeit gut meistern und dafür mit einem wunderbaren Zeltplatzplatz am Lago Escondido belohnt werden. Gelegentlich begegnen wir leicht- bis schwerstbepackten Gleichgesinnten, von denen wir mit guten Ratschlägen und Tipps überhäuft werden. So führt uns ein solcher in die Panaderia La Union in eine Casa de Ciclistas...man stelle sich unsere Freude vor in einer Bäckerei schlafen zu dürfen mit dem heimeligen Geruch frischen Gebäckes in der Nase und dem selbigen Geschmack im Mund - versteht sich von selbst :) Wieder gut gestärkt treten wir Radtag drei an. Die ersten 50 km treten wir weg wie nichts und sichten zum ersten Mal eine Herde Guanacos, doch nun stellt sich nach und nach eine kleine Wendung in unserer Geschichte ein...eine Komponente schleicht sich langsam hinzu von der man viel hört und der man doch wenig Glauben schenkt, möchte man sie doch am liebsten in der Welt der Märchen und Mythen verbannt wissen...DER WIND!!! Er beginnt mit einem harmlosen Lüftchen, stupst einen sanft in der Flanke und unschuldig freut man sich über die willkommene Erfrischung an einem heißen Radltag, bis man plötzlich gnadenlos seinem Willen unterworfen wird. Meter für Meter ringt man um seine Strecke und am Ende muss man sich mit der Hälfet des Tages-Solls/ oder Wills zufrieden geben. Doch am Ende ist das Glück immer mit den Protagonisten, zumindest in unserer Geschichte...Wir finden Unterschlupf in der Estancia San Luis, wo uns Jose junior und Papa Jose senior, die beiden Gauchos der Farm, beherbergen und uns die grenzenlose Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen hier spüren lassen. Eine heiße Dusche, eine Runde Mate zum Empfang, ein köstlicher Lammeintopf und ein Plätzchen zum Schlafen, all das in eine malerische Landschaft eingebettet, was braucht es mehr zum Glücklichsein... Nach einem weiteren anstrengenden Tag unter sengend heißer Sonne und einer Nacht in unserem geliebten "Hugo", den man mittlerweile zu Recht unser zu Hause nennen darf, überqueren wir die Grenze und betreten erstmals chilenischen Boden. Schoner Boden, aber mit Verlaub sehr sehr schlechte Straße...man rumpelt halt so dahin, hat aber gerade wegen der Langsamkeit genug Zeit die Umgebung zu bestaunen, was es zu bestaunen gibt. Pampa, Schafherden und Schafgesichter in allen Varianten, Guanacos, Gauchos beim Grillen, die Berge in weiter Ferne am Horizont und die vielen Facetten der weiten Graslandschaft und der Wolken am Himmel. Todmüde campieren wir an einer Straßenkreuzung, macht nix, wo "Hugo" zu Hause ist, sind auch wir zu Hause. Hausmannskost alla Reis mit Packerlsuppe, ab in den Schlafsack und keine Sekunde später übertreten wir die Schwelle in die Welt der Träume. Am nächsten Morgen entschließen wir uns zu einem Abstecher von 28 km, das ist viel bei den Straßenverhältnissen, aber allemal wert, denn unser Ziel ist ein kleine Kolonie von Königspinguinen - die einzige auf dem gesamten südamerikanischen Kontinent, außerhalb der Antarktis. Muss eine Strafkolonie sein möchte man meinen, das Australien der Pinguine sozusagen, aber nein, wir überzeugen uns selbst, ein Pinguinparadies. Und doch, alle Exemplare hier sind jünger als drei Jahre, denn, so scheint es, kehren sie doch letztlich in ihre eisige Heimat Antarktika zurück. Wir sind jedenfalls begeistert und bereuen den kleinen Umweg nicht im Geringsten. Zwei weitere anstrengende Tage folgen, den Wind niemals Rücken, sondern stets gegen uns. Ein bitterer Kampf...Meter für Meter, teils schiebend, teils nicht mehr schiebend (nur noch fluchend) bewegen wir uns Richtung Westen. Eisig zischt er uns um die Ohren und lässt uns spüren wer der Stärkere ist, wir geben uns fast geschlagen, aber mit einem hat er nicht gerechnet - wir geben nicht so schnell auf :) Wind hin oder her, am 8. Radtag erreichen wir müde aber überglücklich Porvenir, wo uns die Fähre am Abend nach Punta Arenas, dem Ende der 1. Etappe bringt.
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November 2014
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